Dienstag, 23. Juli 2013

Der Winter schlägt zu!

Wir freuen uns sehr, aus der Schweiz sonnig warme Temperaturen zu vernehmen. Denn bei uns ist etwas gar viel los: in Curitiba (900 m.ü.M.) hat es in der Nacht auf Dienstag geschneit – was seit 35 Jahren nicht mehr der Fall gewesen ist. Wir frieren uns hier (auf etwa 400 m.ü.M.) bei knappen 5 Grad, starkem Wind, Regen und einer unangenehmen Luftfeuchtigkeit durch den Trainerkurs in Rolandia. Und die einen oder anderen Schweizer müssen zu ungewöhnlichen Massnahmen greifen, um nicht überall am Körper kalt zu haben. Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt. Und auch Trainings sind nicht mehr ganz so gut aufgrund des Wetters, sodass der Wollmützenverkauf in der Pause auf reissenden Absatz stösst. Und etwas gar nicht geglaubtes war auch noch aufgetaucht: Brasilianer haben kalt, sehr kalt – und können deshalb keine Aussenaktivitäten machen. Immerhin trotzten knapp 20 Personen diesen Bedingungen, und sogar eine geschlossene Halle konnte innerhalb eines Morgens organisiert werden. Etwas gar verrückt, denn eine Theorie in einem geschlossenen Saal ist schon wieder zu kalt…

Doch nun ein Rückblick. Die Nachtfahrt aus dem regnerisch kalten Foz ins tüppig warme Rolandia verlief für die meisten schlafend. Die Müdigkeit breitete sich schnell aus, die Gespräche verstummten schnell. Die Summe des Schlafes überstieg bei allen die des ersten Transportes. Früh trafen wir in Rolandia ein, was für einen Nachtbus eher aussergewöhnlich ist, sind sie doch meistens um mindestens eine Stunde zu spät – aber gleich 45 Minuten zu früh ?!? Die Fahrweise hat wohl das ihrige dazu beigetragen, war es doch eher wie auf einer Safari als auf einer Autobahn.

In Rolandia bewohnen wir Büros eines Drogenrehabilitationszentrums, welches von einem Schweizer geführt wird. Wir haben hier wieder ein Stück Heimat gefunden, welches wir sehr schätzen. Das Zusammenleben mit diesen Leuten ist für uns eine Herausforderung. Unsere Sicherheit ist garantiert, und mit geeigneten Massnahmen sorgen wir dafür, dass wir uns wohlfühlen.

Der Sonntagmorgen stand zur freien Verfügung beziehungsweise zur Akklimatisation. Trotz der Warnung, dass die Schuhe von der Erde rot abfärben und dies nicht mehr gereinigt werden kann, trafen sich vier Unentwegte zu einer Joggingtour. Die einen top ausgerüstet, die anderen in Flipflops… Das tüppige Wetter hinderte zwar die Leistungsfähigkeit, doch das Erlebnis entschädigte für die 55-minütigen Strapazen. Am Nachmittag machten wir uns auf zu einer Pousada, ein Landhaus mitten im Urwald. Ein Schweizer führte uns durch sein touristisches Anwesen, welches faszinierende Anblicke in den Tropenwald ermöglichte. Nur das bedeckte Wetter trübte die Stimmung etwas. Als Abschluss dieses Rundganges gab es ein grosses Buffet, an welchem wir inoffiziell bereits das Nachtessen vertilgten. Feine Succos, selbstgemachte Konfitüre und Brot schmeckten uns. Und natürlich konnten praktische Accesoires erstanden werden.

Die Trainerausbildung startete am Montagmorgen, wenn auch gar etwas früh. So wurde das spärlich späte eintrudeln vieler Kursteilnehmenden interpretiert. Doch irgendwann musste es losgehen. Nach vielen Startinformationen und der Vorstellung von bereits unihockeyspielenden Arbeiten und Schulen trennten wir die Gruppen. Die Jugendlichen der Drogenreha trainieren direkt auf dem Campus, die Sportlehrer in der Stadt. In einer Bedürfnisanalyse stellten wir fest, dass praktisch sämtliche Teilnehmer ohne Vorwissen antreten. Die Schweizer Trainer des Fortgeschrittenen-Kurses sind gefordert, bieten sie doch einen Basiskurs an.

Am Montagabend erzählte uns Seppi von Land und Leuten, dem Drogenrehazentrum und die Geschichten hinter den „Schülern“ (Personen hier auf Entzug). Die Geschichten berührten uns tief und wühlten auf. Das Traurige: die Geschichten sind immer wieder die gleichen, nur die Namen ändern sich.

Am Dienstag ging es mit den Trainerkursen weiter. Ob in der Kapelle des Zentrums oder „in einer gedeckten Halle“ – der Einsatz war trotz regnerischem Wetter, winterlichen Temperaturen und ungünstigen Bedingungen fantastisch. Die ersten Fortschritte waren bereits am Nachmittag ersichtlich.

Ein spezielles Erlebnis haben die Männer. Der tägliche Gang zur Dusche ist gar nicht so einfach. Entweder kalt direkt neben dem Zimmer – oder halt in einem anderen Teil des Gebäudes warm. So gilt es, alle Sachen zu packen, das Gebäude durch den Esssaal zu durchqueren und in die Niederungen des Hauses zu laufen, wo sich 3 elektronische, teilweise warme Duschen befinden. Von uns bereits liebevoll als „Kerker“ bezeichnet, ist es jedesmal etwas bedrückend, dort zu duschen. Ab und zu kommt der Gedanke auf, was wäre, wenn wir uns dort alleine duschen müssten und jemand kommt hinein…
Im Urwald auf Erkundungstour vor eine altem Baum.

 
Training der Jugendlichen im Rehazentrum
 
Die Jugendlichen können auch in der kleinen Kapelle trainieren
 

Die Sportlehrer in der geschlossenen Halle in Aktion

Die Sportlehrer machen sich Notizen - der Anfang von etwas Grossem?

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